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Unterstützung von Beziehungen in Gesellschaft, Staat und Kirche Positionspapier des Familienbundes der Katholiken

Die Lebens- und Beziehungswirklichkeit der Menschen mit ihren Erfahrungen, Fragen und Erwartungen ist für den Familienbund der Katholiken Ausgangspunkt seines politischen Handelns in Gesellschaft und Kirche. Der Respekt für die Lebensentscheidungen der Menschen, wie sie ihr Leben als Single, allein Erziehende, in Beziehung, Partnerschaft, Ehe und Familie gestalten wollen, leitet uns. Auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes und der katholischen Soziallehre wissen wir um den Wert verantwortungsvoller Lebens- und Beziehungsgestaltung.

 

Als familienpolitischer Verband treten wir für Selbstbestimmung und eigenverantwortliche Gewissensentscheidungen ein und begegnen allen Lebensentscheidungen der Menschen mit Respekt und Wertschätzung. Gleiches erwarten wir auch von Gesellschaft, Staat und Kirche.

 

Gelingende Beziehungen sind ein entscheidender Faktor für gelingendes Leben und die Zufriedenheit von Menschen. Eine stabile Paarbeziehung ist eine gute Grundlage für glückliche Familien und eine gute Erziehung von Kindern. Bisher ist die Bedeutung der stabilen Paarbeziehung in der politischen Diskussion um die Zukunft der Familie kaum zu finden.

 

Trennung und Scheidung sind in der Regel von den Paaren nicht gewollt, sondern nicht selten mitverursacht durch ein beziehungsunfreundliches Umfeld. Auch mit Blick auf gesellschaftliche Folgekosten von Trennungen besteht Handlungsbedarf, um das Leben in Beziehungen zu ermöglichen und zu schützen. Daher setzt sich der Familienbund der Katholiken dafür ein, dieses Thema mehr in den Blick zu nehmen und formuliert die folgenden Forderungen an Politik und Gesellschaft. Sichere Bindung ist die Grundlage für die Entwicklung von Beziehungsfähigkeit. Diese basiert auf Werten wie Liebe, Partnerschaftlichkeit, Respekt und Toleranz sowie gelungener Kommunikation.

  • Wir fordern die Berücksichtigung des Lernziels Beziehungsfähigkeit im öffentlichen Bildungssystem mit Themen wie Kommunikation, Konfliktmanagement und Sexualpädagogik.

Beziehung braucht gemeinsame Zeit, die nicht von anderen Aufgaben belastet ist. Insbesondere die Entgrenzung von Erwerbsarbeitszeiten in den Abend und das Wochenende hinein lässt dafür immer weniger Spielraum.

  • Wir fordern die Einhaltung des Sonntagsschutzes sowie die Erweiterung von Zeiten und Räumen, in denen Beziehung real gelebt werden kann durch Maßnahmen der Zeitpolitik, die Einführung von Arbeitszeitkonten und Langzeitarbeitskonten, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine Flexibilisierung zugunsten ihrer privaten Aufgaben und Kontakte erlauben, und die Förderung von Formen der Vergemeinschaftung.

Paare brauchen präventiv und in der Krise Unterstützung. Viele Trennungen ließen sich verhindern, wenn frühzeitig Beratung und Begleitung angeboten und angenommen würde. Proaktive Angebote sind dabei kostengünstiger und oft hilfreicher als Kriseninterventionen.

  • Wir fordern den Ausbau der unentgeltlichen Ehe-, Familien- und Lebensberatung, die öffentliche Förderung der Beratung auch dann, wenn keine Kinder betroffen sind, die Entwicklung von Programmen zur Trennungsprävention und eine Imagekampagne, um diese Angebote bekannt zu machen und die Zugänglichkeit zu erleichtern.

Die ungleiche Verteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit und der weitgehende Vorrang und die Bedingungen der Erwerbsarbeit vor allen anderen Bedürfnissen in Beziehung und Familie belasten viele Paare und Eltern.

  • Wir fordern daher, die Spielräume der Verteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit zu erweitern, damit alle Familien eine für sie passende Aufteilung finden können.

Die Institution der Ehe wird zunehmend in Frage gestellt. Viele Paare verzichten mittlerweile auf eine Eheschließung. Dabei bietet die auf der Ehe basierende Familie, Eltern und Kindern schon durch die rechtliche Absicherung ein hohes Maß an Verlässlichkeit, Stabilität und Zugehörigkeit.

  • Wir fordern, die Vorteile der Eheschließung in Bezug auf die gemeinsame Sorge, die gegenseitige Absicherung und die finanziellen Regelungen, zum Beispiel im Krankheits- und Erbschaftsfall, öffentlich stärker heraus zu stellen.

Wo Menschen in Liebe zueinander stehen, ist Gott anwesend. Das bezeugen christliche Eheleute in besonderer Weise, indem sie sich das Sakrament der Ehe spenden. Sie wissen sich getragen von der unverbrüchlichen Liebe Gottes. Als Familienbund ermutigen und bestärken wir Menschen, diesen Weg miteinander und mit Gott zu gehen. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dem Thema Beziehungspastoral in der Kirche einen größeren Raum zu geben, und regen an:

  • Die spirituelle Dimension der Liebe und der Ehe verdienen besondere Aufmerksamkeit in der Verkündigung und in kirchlichen Verlautbarungen. Wir regen an, insbesondere für junge Paare, Ehe als Entwicklungsprozess zu begreifen (Stufenmodell).

  • Die Kirche nimmt auch nichteheliche Formen der Paarbeziehung wertschätzend wahr. Die vielfältigen Lebenswirklichkeiten von Paaren sollen in kirchlichen Angeboten und Veröffentlichungen realistisch wahrgenommen und benannt werden. Formen der kirchlichen Anerkennung, Wertschätzung und Stärkung von Partnerschaften, denen eine kirchliche Eheschließung nicht offensteht, z.B. Segnungen, sollen entwickelt werden.

  • Die Kirche soll an einer Weiterentwicklung der katholischen Sexualmoral arbeiten und die verschiedenen Sinngehalte der Sexualität (Fortpflanzung, Lustgewinn, Beziehungspflege, Identitätsstiftung) positiv würdigen.

  • Die Kirche soll die in Seelsorge und Pastoral häufig vorzufindenden Rollenbilder von Frauen und Männern kritisch überprüfen und konstruktiv modifizieren.

  • Beziehungsfähigkeit soll verlässliches Thema bei den verschiedenen kirchlichen Bildungsangeboten werden. In den Bereichen Elternbildung, Katechese, Schulpastoral und Jugendarbeit sind angemessene Konzepte und Formate zum Thema Beziehungsfähigkeit zu entwickeln.

  • Ehevorbereitung, Paar- und Eheberatung und -begleitung sowie Bildungsangebote für Paare sollen ausgebaut und stärker inner- und außerhalb der Kirche beworben werden.

In der katholischen Kirche treffen Menschen im Rahmen von spirituellen, diakonischen, kulturellen und gesellschaftlichen Zusammenhängen aufeinander und gehen Beziehungen unterschiedlicher Intensität ein. Für all diese Situation gilt:

  • Beziehungen in der Kirche sind so zu gestalten, dass die Würde eines jeden Menschen geachtet und jeglicher Machtmissbrauch verhindert wird. Manipulative Beziehungen aller Art, die sich zum Beispiel in geistlichem Missbrauch und sexualisierter Gewalt äußern, dürfen in der Kirche keinen Platz haben.

Beschluss der Bundesdelegiertenversammlung des Familienbundes der Katholiken am 27.10.2019 in Berlin